Samstag, 13. März 2010

Gabriel Garcia Marquez: Die Liebe in den Zeiten der Cholera

Der Autor der Liebe erzählt in ruhigen, fast ironisch trockenen Bögen vom Leben zweier Figuren in einem Südamerika des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die einander stets nahe und doch stets fern stehen, bis sie sich im hohen Alter endlich wirklich kennen lernen.

Dr. Urbino spielt zu Beginn die Hauptrolle: Er ist gebildet und umtriebig, wenn auch emotional etwas minder bemittelt. Sein Ruhm in der Öffentlichkeit macht ihn zur logischen Wahl für Fermina Daza, der Frau im Zentrum des Romans. Die beiden lieben einander nicht, lernen sich aber lieben im Laufe einer jahrzehnte währenden, meist guten Ehe.

In gutem, wenn auch nicht hohen Alter kommt der Doktor durch einen Sturz zu Tode, und die eigentliche Geschichte beginnt: Florentino Ariza, ein eingekapselter, seltsamer Junge, verliebt sich in das Mädchen Fermina, er schreibt ihr unzählige Briefe, sie fühlt sich geschmeichelt etc., bis die Seifenblase der Vorstellung von einander durch eine einzige, kurze Begegnung zum Platzen gebracht wird: Fermina Daza bricht den Kontakt ab und vergisst Florentino.

Während sie heiratet, nach Europa reist, wieder zurück kehrt und zu einer angesehenen Dame der Gesellschaft an der Seite Dr. Urbinos wird, die mit ihren beiden Kindern und dem Haushalt ausgelastet ist, arbeitet sich Florentino Ariza in der Flussschifffahrtsgesellschaft seines Onkels von ganz unten nach ganz oben. Und während Fermina keine Sekunde an Florentino denkt und sich mit ihrem Mann genügt, lebt Ariza allein für Fermina und liebt in jeder einzelnen seiner unzähligen Liebschaften bis ins Alter eigentlich nur sie.

Als Urbino tot ist, wagt er endlich einen zweiten Anlauf, und mit der Zeit schafft er es tatsächlich, wenn auch aus anderen Gründen als den mit seinen Avancen intendierten, sich der Liebe seinen Lebens, der unerreichbaren Fermina Daza zu nähern.

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Immer wieder überraschende Sinnsprüche schmücken Seite um Seite der leicht dahin wehenden Erzählung, die bis zuletzt spannend und anregend bleibt, und vor allem immer wieder zum Nachdenken über die tausend Facetten der Liebe anregt. Zuweilen muss man den Kopf über die Verbohrtheit, Dummheit, Verblendung, aber auch den jugendlichen Übermut und die Kühnheit der Figuren schütteln, immer aber erkennt man einen Funken Wahrheit in all ihrem Handeln.

Allein das Ende ist eine herbe Enttäuschung.
Fermina Daza und Florentino Ariza sind auf einem seiner Flussdampfer quasi Gefangene ihrer Liebe, sie haben, um ungestört der Liebe frönen zu können, einen Choloera-Flagge gehisst, stehen nun unter Quarantäne und können nun nicht mehr an Land gehen, ohne einen gesellschaftlichen Skandal heraufzubeschwören. Die beiden beschließen also, den Fluss weiter auf und ab zu fahren, wohl bis sie sterben. Tolles Ende.

Es wirkt ein wenig, als habe Marquez am Ende die Lust an seiner Erzählung verloren. Oder er wollte ein offenes Ende schaffen, weil ihm das Sterben seiner beiden Figuren am Ende (was konsequent und konventionell gewesen wäre) entweder zu billig oder zu schmerzvoll gewesen wäre. So bleibt ein großartiger Roman über die Liebe mit einem offenen Ende, das keines ist, ein großer Wurf, der in einer Pfütze landet. Schade, aber trotzdem unbedingt empfehlenswert.

Samstag, 20. Februar 2010

Wheel of Time - Book 6: Lord of Chaos

Immer wieder bin ich beeindruckt von der epischen Breite, mit der Robert Jordan diese Geschichte ausbreitet: Jedes Buch hat um die 800 Seiten, und es gibt über zehn davon. Namen, Namen, Namen, wie behält man das alles im Auge beim Schreiben?! Nationen, Stämme, Fraktionen, Gegner in jeder Fraktion, und ein "Hauptcast" von etwa zwölf Personen, unpackbar.

Am Ende des Buches sind die Aes Sadai gespalten, es gibt die einen im Tower, die anderen im Exil, wobei der Tower nun fest in der Hand der "bösen" ist, die sich mit dem Dark Lord verbunden haben. Rand al`Thor ist ganz klar der Dragon Reborn, die Aeel haben sich um ihn geschart und er hat mit Hilfe eines anderen Mannes, der channeln kann, eine eigene Armee von Männern mit der Fähigkeit aufgebaut, den Aes Sadai die Stirn bieten zu können.
Aber die Aeel sind gespalten, manche trachten ihm nach dem Leben, ander wollen ihn zu ihrem Ehemann machen.. Er selbst steht zwischen drei Frauen, seine Freunde Mat und Perrin haben ihre eigenen, nicht zu kleinen Probleme.

Als Rand von einer Reihe Aes Sadai überwältigt wird und in geheimer Gefangenschaft nach Tar Valen abtransportiert wird, verbünden sich Perin, die Two River people, eine Hand voll Aes Sadai und eine Gruppe Aeel, um ihn zu befreien. Wölfe eilen zu Hilfe, aber die Rettung bringt das Erscheinen von Rands eigener Armee, mit der niemand gerechnet hat. Doch der Blutzoll ist unvorstellbar hoch, die Schlacht grausam, und Rand kann seine Position und seine Freiheit nur über die Leichen von tausenden von Menschen halten. Er braucht diese Freiheit, um dem Dark Lord am Ende der Tage die Stirn bieten zu können, aber es scheint, der Preis, den er zahlen muss, ist fast zu hoch.
Trotz zahlreicher Verbündeter kann er nicht wissen, wem er vertrauen kann. Seine Freunde sind nicht weniger abgeschreckt von seiner Macht und Kälte als seine Feinde, und die Stimme eines uralten Toten in Rands Kopf macht sein Leben auch nicht leichter.

Das letzte Kapitel des Buchs, die große Befreiungsschlacht, hat mir Tränen in die Augen getrieben. Wie viel Druck, Leid und Schmerz kann ein Mann ertragen?!

Die Reihe ist bisher in jedem einzelnen Buch großartig gewesen, und die vielen, vielen Stränge, die bisher geöffnet wurden, machen die Spannung darauf, wie es weiter geht, fast unerträglich. Während der ganze Kontinent von Norden bis Süden im Chaos versinkt, bleibt ständig die Frage offen, was wohl noch kommen wird, zumal das seltsame Volk der ?Wie heißen sie noch gleich?, die bisher erst einmal wirklich in Erscheinung getreten sind, das ganze Buch über nur im Stillen vor sich hin gewerkelt hat.

Samstag, 6. Februar 2010

Doors Open (Ian Rankin)

Der Krimi spielt zwar wieder in Edinburgh, diesmal aber nicht mit Inspektor Rebus und seine charmant raubeinige Art, Fälle zu lösen, sondern mit dem eher am Rande erscheinenden DI Ransom, der allerdings in guter Rankinmanier wieder nichts besseres zu tun hat, als sich mit einem Fall zu beschäftigen, der ihn eigentlich nichts angeht.

Im Mittelpunkt steht der reiche und gelangweilte Softwaremillionär Mike, ein Kunstliebhaber, der sich von einem Professor gemeinsam mit seinem Freund Alan zu einem scheinbar genialen Kunstraub überreden lässt: Beim Tag der offenen Tür ("Open Doors") in einem großen Kunstlager werden eine Reihe von Gemälden gestohlen und für die Polizei, als falsche Fährte, gegen Kopien ausgetauscht.
Nach dem erfolgreichen Coup aber fangen die Dinge an schief zu gehen: Mikes Kontakt in die Unterwelt steht selbst unter Druck und zieht seinen immer hilfloser im Sumpf schwimmenden Komplizen mit hinein in seine eigenen Probleme mit Drogengeldgebern, die Kohle sehen wollen.

Cool und abgebrüht, als wäre er ewig schon ein Krimineller, spielt Mike das Spiel mit und versucht, sich aus einer Schlinge zu befreien, die sich immer enger zu zieht. Als herauskommt, dass mehr Gemälde fehlen, als gestohlen wurden, die echten Gemälde sich als die angefertigten Fälschungen herausstellen und sind der Professor plötzlich spurlos verschwunden ist, kann kein Zweifel mehr bestehen, dass Mike hereingelegt worden ist.
Doch die Drogenbosse wollen ihr Geld sehen, und Mikes gesamtes Umfeld gerät in Lebensgefahr, bis zuletzt Inspektor Ransom auftaucht und der Fall gerade noch glimpflich für Mike endet: ein paar Jahre Gefängnis nimmt er gern in Kauf als Austausch für seine Rettung vor dem sicheren Tod.

Lang entwickelt sich die Story, die Charaktere sind plastisch nachvollziehbar, und die Spannung in der zweiten Hälfte der Geschichte ist ausgezeichnet. Her mit dem nächsten Rankin-Krimi!